Sing-In 2023: Chormusik in kürzester Zeit perfektioniert
Fotos & Text von Gerd Hennen (Grenz-Echo)
Mit einem beeindruckenden Crescendo an musikalischer Vielfalt und Virtuosität fand am vergangenen Samstagabend das Abschlusskonzert des Sing-in, veranstaltet vom Musikverband Födekam Ostbelgien, in der Pfarrkirche Rocherath statt. Unter der Leitung von Els Crommen, Jean-Jacques und Jean-Luc Rousseau versammelten sich mehr als 50 talentierte Sängerinnen und Sänger, die sich in einer intensiven Probenwoche in der Bischöflichen Schule St. Vith gemeinsam der Herausforderung stellten, insgesamt 13 Stücke zu interpretieren.
Dieses Konzert war zweifellos ein klanglicher Höhepunkt, der die zahlreich erschienenen Zuhörer und Freunde der Vokalmusik in eine Welt musikalischer Meisterschaft und emotionaler Tiefe entführte.
Projektleiterin Brigitte Cloot sprach von einem großen Erfolg nach einer langen Zeit der Entbehrungen durch die Pandemie. „Eine Woche harter Arbeit, der Freude, der Leidenschaft und der musikalischen Entdeckungen liegt hinter uns, in der wir unsere Stimmen verfeinert haben und zu einer Chorgemeinschaft zusammengewachsen sind. Mit unserer Arbeit möchten wir die Freude in die Welt tragen“, sagte sie und wünschte dem Publikum, die Botschaft der verschiedenen Lieder in vollen Zügen zu genießen.
Eröffnet wurde das Konzert mit dem einfühlsamen mehrstimmigen Kanon „Vanitas Vanitatum“ des niederländischen Renaissance-Komponisten Jan Pieters Sweelinck als Lobpreis der Heiligen Dreifaltigkeit, bevor die vierstimmige Pavanne „Belle qui tient ma vie“ aus der Feder von Thoinot Arbeau in ihrer ganzen Vielfalt erklang.
Begleitet von Gerard Balla am Klavier interpretierte der Projektchor anschließend Schuberts „Litanei auf das Fest Allerseelen“, bevor das volkstümliche Liebeslied aus dem 16. Jahrhundert „Wach auf, meins Herzens Schöne“ in einer Adaptation von Rolf Lukowsky Anmut und Liebreiz versprühte. Mit den beiden Werken „Die Nacht“ von Christian Dreo und „The Road home“ von Stephen Paulus widmeten sich die Chorfreunde der zeitgenössischen Vokalliteratur und überzeugten auch hier durch Facettenreichtum, Phrasierung und Intonation.
Die drei Dirigenten ließen es sich aber nicht nehmen, dem Publikum auch einige Kostproben ihres Könnens zu geben. Mit der Unterstützung von Alexander Wahl sorgten die drei Sing-in-Kollegen mit Louis Armstrongs „What a Wonderful World“ und dem Band-Aid-Klassiker „Heal the World“ für einen weiteren Aha-Moment. Auch im zweiten Teil des Konzertabends lief der Projektchor zur Höchstform auf: „Uni Vår Hage“ sowie das spanische Volkslied „Este Tierra“ von Javier Busto trafen hierbei den Nerv des Publikums vollends, bevor mit „Yesterday“ von den Beatles in einem Arrangement der King’s-Singers von Jacob Narverud ein weiterer Ohrwurm folgte.
Nach dem Gospel „Hear my Pray“ widmete sich der Chor auch dem Genre des klassischen Schlagers. Der Heinz-Erhardt-Filmschlager „Kauf Dir einen bunten Luftballon“ aus dem Jahr 1961 erwies sich als guter Muntermacher am Ende des Konzertmarathons, bevor mit dem „Chor der Landleute“ aus der Oper „Die verkaufte Braut“ von Bedrich Smetana ein grandioses Finale folgte. Nach stehenden Ovationen gab der Chor schließlich noch eine beeindruckende Zugabe mit „Seht am Strauch die Knospen springen“, dem zweiten Stück aus Smetanas Oper.
So wurde dieses außergewöhnliche Konzertereignis zum Höhepunkt eines einwöchigen musikalischen Schaffensprozesses, der nicht nur das Publikum, sondern auch die Sängerinnen und Sänger selbst in seinen Bann zog. „Das hat richtig Spaß gemacht“, so der Tenor der Mitwirkenden und auch der Zuschauer. Die Hingabe und Leidenschaft war für jeden Zuhörer spürbar und hinterließ einen unauslöschlichen Eindruck. Die Pfarrkirche von Rocherath erwies sich mit ihrer guten Akustik und dem stimmungsvollen, besinnlichen Rahmen als idealer Ort für dieses musikalische Fest.
Was diesen Abend besonders bemerkenswert macht, ist die Tatsache, dass die Mitwirkenden 13 anspruchsvolle Stücke an nur sechs Abenden in jeweils drei Stunden einstudiert haben. Das ist eine Meisterleistung, für die man normalerweise Monate, wenn nicht sogar ein ganzes Jahr Vorbereitungszeit benötigt. Chorleiter und Fachleute wie Jean-Luc Rousseau betonten die außergewöhnliche Anstrengung und Hingabe der Sängerinnen und Sänger. „Es war ein musikalischer Marathon, den alle angenommen und gemeistert haben. Allein die Tatsache, dass die Teilnehmer teilweise drei komplette Stücke an einem einzigen Abend einstudiert haben, ist für Amateure zweifellos eine bemerkenswerte Leistung. Ich ziehe meinen Hut vor dieser Leistung.“
Dieser Abend hat nicht nur gezeigt, dass die Chormusik in den ostbelgischen Dorfvereinen lebt, sondern auch deutlich gemacht, dass trotz struktureller und personeller Herausforderungen in der Vereinslandschaft die Leidenschaft für die Musik ungebrochen ist.
Das Konzept und das Abschlusskonzert von Sing-in 2023 sind daher nicht nur als bemerkenswerte Leistung zu sehen, sondern auch als Ansporn für alle, die von der Freude am Singen erfüllt sind. „Ich hoffe, dass dieser großartige Abend uns ermutigt, unsere lokalen Vereine zu unterstützen und zu stärken, um die wunderbare Welt der Chormusik am Leben zu erhalten und weiter zu bereichern. Ohne die Musik in unseren Dörfern wäre unsere Gemeinschaft um vieles ärmer“, so Födekam-Präsident Marc Komoth abschließend.
