Eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit – das wünschen wir Ihnen und Ihren Vereinen von Herzen! Die weihnachtliche Ruhe, den weihnachtlichen Frieden haben wir uns nach den zurückliegenden Wochen alle redlich verdient. Auch wenn es in diesem Jahr aus Verbands- und Vereinssicht wieder, wie schon im vergangenen Jahr, … eindeutig ZU RUHIG ist!

Dabei sah doch eigentlich alles danach aus, dass unsere Musik- und Gesangvereine nach den ersten Wellen von Einschränkungen und Verboten ab dem Sommer allmählich zur Normalität würden zurückkehren können. Natürlich mussten überall mehr oder weniger tiefe Corona-Wunden geleckt werden, aber immerhin probten und konzertierten die meisten Vereine wieder eine zeitlang halbwegs „normal“. Da, wo es nicht so gut lief, wurde von Mitgliederschwund berichtet, und vereinzelt sogar von (vorläufiger) Einstellung der Vereinstätigkeit. Doch die Optimisten unter uns waren zuversichtlich, dass das Gros der Vereine diesen tiefsten Einschnitt seit dem Zweiten Weltkrieg irgendwie überstehen würde. Man müsse sich Zeit nehmen, und man müsse gründlich nachdenken über die Ausrichtung der künftigen Vereinsarbeit – so lautete im Frühherbst die vorherrschende Meinung. In Deutschland befasste sich beispielsweise ein sogenanntes „Kompetenznetzwerk“ mit dem „Neustart“ der Amateurmusik, mit neuen Konzertformaten, mit digitalem Proben und mit innovativen Strategien zur Mitgliedergewinnung. In unserer Deutschsprachigen Gemeinschaft startete Födekam eine „Denkfabrik“ und war dieser „Neustart“ der Anlass zu einer vielfältigen Veranstaltungsreihe: Im „Monat der Vereine“ waren wir alle „endlich wieder Verein(t)“…

Mit dem, was wir heute wissen, war der Neustart gefühlt leider… ein Fehlstart!

So wie Premierminister Alexander De Croo Anfang Dezember im Parlament etwas kleinlaut eingestehen musste, dass man die Situation falsch eingeschätzt und die unmittelbaren Auswirkungen der Corona-Impfkampagne überschätzt habe, so tauchten auch unsere Vereine immer tiefer in die sogenannte „vierte Welle“ ab. Diese rollte ab November zuerst langsam, und dann immer schneller. Von den ersten Herbstkonzerten der Vereine bis zum sehr erfolgreichen „Play-In Junior Edition“ unseres Verbandes in den Allerheiligenferien war es einigermaßen normal gewesen, doch danach hieß es nur noch CST, Maske, Abstand, Verbot,...

Dass es bei den im immer schnelleren Rhythmus verordneten Einschränkungen oft an Logik fehlte, bestreitet niemand. Sogar von „Chaos“ war die Rede – nicht nur in kritischen Zeitungskommentaren, sondern auch in Kabinetten und Ministerien, die sich bestens mit der Materie auskennen.

Zwischen Angst und Vernunft

So hieß es etwa nach einer von vielen Sitzungen des Konzertierungsausschusses und aufgrund eines undeutlichen Textes, dass für Musiker und Sänger bei den Proben „der Mindestabstand“ Pflicht sei; man müsse noch prüfen, ob es anderthalb, zwei oder drei Meter sein müssten. Wenig später wurde dieser Abstand aufgrund fehlender juristischer Basis im Text von einer Pflicht in eine „dringende Empfehlung“ umgewandelt. Für die Vereinsvorstände, die entsprechend große Probelokale organisieren müssen, eine ausgesprochen schwierige Situation. Und auch das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft, das die Brüsseler Beschlüsse jeweils möglichst zeitnah und verständlich in konkrete Texte verpacken muss, war und ist um diese Aufgabe nicht zu beneiden.

Oder, noch eine Stufe heftiger, wenige Tage später: Der Konzertierungsausschuss beschließt weitere Maßnahmen, die de facto ein Probeverbot für die Amateurkunstvereine bedeuten – während Konzerte (mit Einschränkungen) weiterhin möglich sind. Doch schon in der konkreten Kommunikation dieser Maßnahme lesen wir, die Kulturminister der drei Gemeinschaften seien nicht einverstanden und hätten einen Protestbrief nach Brüssel gesandt. Jan Jambon, als flämischer Ministerpräsident beim Konzertierungsausschuss mit am Tisch und als flämischer Kulturminister Mitunterzeichner dieses Protestbriefes (!), forderte dann wenig später… strenge Maßnahmen für den Kultursektor. Ja, was denn jetzt?? Da darf man doch von „Chaos“ reden, oder?

Vorschriften und Einschränkungen sind in einer Krisensituation absolut notwendig. Wenn diese Vorschriften aber unendlich viel Raum zur Interpretation bieten, oder wenn sie sich alle paar Tage verändern, dann schwindet immer mehr auch die Bereitschaft, diesen Regeln zu folgen. So erlebten wir auch in manchen Vereinsvorständen kontroverse Diskussionen und unterschiedliche Meinungen zum Umgang mit der jeweiligen Situation.

Jedenfalls haben sich ab Mitte November die meisten Vereine – schweren Herzens! – dazu entschlossen, nicht mehr nur zu prüfen, was man „darf“ oder „muss“, sondern auch andere, weiter reichende Kriterien zu betrachten. Mit Blick auf die Gesundheit von Mitgliedern und Zuhörern, mit Überlegungen gesellschaftspolitischer Art, mit Blick auf Werte zwischen „Angst“ und „Vernunft“ wurden vielerorts die geplanten Advents- oder Weihnachtskonzerte und die dazugehörigen Proben abgesagt. Natürlich ist es aus der Sicht eines Musikers oder Sängers schade, wenn in der Vorweihnachtszeit auf die vertrauten Klänge verzichtet werden muss – sie gehören so sehr zum Fest wie der Tannenbaum und die Krippe! Aber andererseits: Ein Konzert mit CST, Maske, Abstand, und womöglich mit mehr oder weniger Angst um dessen Folgen, macht doch keinen Spaß! Unsere Musik- und Gesangvereine waren auch in dieser Phase der Pandemie verantwortungsvoll. Und diejenigen, die ihr Konzert „trotzdem“ gemacht haben, haben das ebenfalls nicht leichtfertig, sondern nach sorgfältiger Abwägung und unter Einhaltung der Regeln getan.

Wir steuern also zu dem Zeitpunkt, wo dieser Text entsteht, auf eine sehr ruhige Weihnachtszeit zu. Die Probetätigkeit ruht, Vorstandssitzungen gibt es allenfalls online und die „Stille Nacht“ findet auch 2021 eher zuhause statt als in der Kirche oder im Konzertsaal. Es ist leider zu befürchten, dass das Vereinsleben durch das erneute Herunterfahren der Aktivitäten weiteren Schaden nehmen wird. Und – weit über das Vereinsleben hinaus – dass unser gesamtes Zusammenleben nicht mehr das gleiche sein wird wie vor dieser Pandemie. Statt Enttäuschung, Ärger oder sogar Wut wünschen wir unseren Musik- und Gesangvereinen weiterhin Geduld, Durchhaltevermögen und Kreativität. Statt Streit und Spaltung wünschen wir uns allen Zusammenhalt und Solidarität. Und von „der Politik“ wünschen wir Vereine uns vor allem mehr Deutlichkeit und Planungssicherheit. Mit ständig wechselnden oder frei interpretierbaren Vorgaben und Regeln können wir keine Proben und Aktivitäten planen.

In diesem Sinne wünscht der Verband Födekam allen eine friedliche und ... ruhige Weihnachtszeit und alles Gute für das Jahr 2022.

Marc Komoth, Präsident