Im Gespräch mit Paul Piront und Heinz Keutgen

1975 wurde Paul Piront Leiter des Kgl. Kirchenchores St. Cäcilia Born. 1977 wurde Heinz Keutgen Dirigent des Kgl. St. Cäcilien Gesangvereins Walhorn. Zusammengerechnet macht das 90 Jahre Chorleiterschaft zweier bedeutender ostbelgischen Kirchenchöre. Beide Dirigenten sind im vergangenen Jahr zum Entschluss gekommen, dass es Zeit ist, die musikalische Leitung der Chöre in neue Hände zu legen. Und beide Vereine haben nun jeweils eine neue Dirigentin. Emil Piront nahm dies als Anlass zu einem Gespräch mit Heinz Keutgen und Paul Piront.

Födekam-Neues (FN): Heinz und Paul, wie hat das mit der Musik und dem Chor bei euch angefangen?

Heinz Keutgen (HK): Ich habe sehr früh vom Walhorner Organisten und Chorleiter Hubert Charlier Klavierunterricht bekommen. Mit 13 oder 14 Jahren. Mein Vater wollte das unbedingt. Damals gab es noch keine Musikschule. Mit 15 Jahren bin ich in den Chor gekommen. Mit 16-17 Jahren bin ich dann zur Musikschule nach Kelmis gegangen. Da habe ich Klavier- und Orgelunterricht bei Jean-Marie Cremer und bei Paul Derwahl gehabt.

Als Herr Charlier wurde krank wurde, habe ich in Walhorn die Orgel gespielt und mit 21 dann den Chor eigentlich aus der Not heraus übernommen. Mein Vater war damals Präsident.

Und Hubert Charlier war während 50 Jahren Organist und und Walhorner Chorleiter: ein super Musiker, das muss man schon sagen!  Am Ende war er 80 Jahre alt, und da war es nicht mehr so einfach...

Nochmals: Ich habe die Chorleitung aus der Not heraus übernommen. Mit der Zeit bekam ich immer mehr Spaß daran. Ein damals von Födekam angebotenes Dirigentenseminar hat mir viel gebracht. Da bin ich weiter zur Musikschule gegangen, Notenlehre und vor allem dann Gesang bei Walter Meessen. Weil ich dachte, als Chorleiter muss man etwas von der Stimme lernen. Durch diese Gesangsausbildung wurde ich auch Solo-Sänger, was eigentlich nicht geplant war. Als Sänger war dies eigentlich meine schönste Zeit: an der Musikschule, mit dem “Ensemble Lythea”... Da habe ich tolle Projekte erleben können. Ich war also eigentlich nicht so richtig ein Chorsänger, und der Chor lief zunächst so “nebenbei”. Aber er nahm mehr und mehr Platz ein. In der Familie richtete sich dan alles nach dem Chor. Ich war und bin zwar aus Leidenschaft Landwirt, doch mein Leben hat sich doch irgendwie immer auch nach dem Chor ausgerichtet.

Paul Piront (PP): Auch bei mir hat es sehr früh angefangen. Mein Vater war im Musikverein und im Chor. Als ich vier oder fünf Jahre alt war, bekamen wir zu Hause das erste Klavier. Die ersten Tönchen spielte ich mit meinem Vater. Als Kind bin ich dann mit meinem Bruder Johann nach Weismes gefahren, wo wir bei unserem Onkel Emile Piront privat Klavierunterricht hatten. Mindestens drei Jahre ging es jeden Mittwochnachmittag mit dem Bus oder per Fahrrad nach Weismes. Nach der Primarschule folgte die Musikakademie in St. Vith: Notenlehre und Klavier mit Albert Veithen. An der Bischöflichen Schule hatte ich Bekanntschaft gemacht mit Pastor Paul Schoonbroodt. Ich hatte ein paar Jahre Orgelunterricht bei ihm in Steffeshausen. Als die Orgel in Steffeshausen renoviert wurde und auf längere Zeit nicht spielbar war, wechselte der Orgelunterricht u.a. nach Amel und auch ein paar Mal nach Born. Die Borner Orgel war (und ist) ein schönes Instrument.

Als Chorsänger hatte ich im Kirchenchor Amel angefangen. Ich war im fünften Schuljahr und habe im Alt gesungen. Nach dem Stimmbruch war ich im Bass. Was mir am meisten gebracht hat, das war das Singen im Ameler Kammerchor, unter der Leitung von Maria Dries. Als ausgebildete Sängerin wusste sie, “worum es ging”. Sie hat viel bewirkt.

Während meines ersten Jahres an der Normalschule in Eupen kam ich einmal von einem Praktikum oder einer Reise zurück, da saß zuhause eine Delegation aus Born: ein ehemaliger Mitschüler, Pater Josef Senden, der damalige Pastor, und Josef Mertes, Präsident des Kirchenchores. Die drei kamen mich fragen, ob ich bereit wäre, in Born den Organistenposten zu übernehmen und den Chor zu leiten. Ich kannte ja schon die Orgel... und die hatte mich eigentlich zunächst am meisten interessiert. Ich begann zunächst mit dem Orgelspiel. Im September 1975 ging es dann mit dem Chor los.

FN: Wie war eure erste Zeit als Chorleiter?

HK: Ich hab 1977 als Chorleiter angefangen. Das ist schon weit weg. Da erinnere ich mich nicht mehr. Mein Vorgänger Hubert Charlier war wie gesagt ein toller Musiker. Das merkt man vielleicht erst im Nachhinein. Nur schade, dass es für ihn am Ende schwieriger war. Deshalb: Man muss aufhören, wenn es noch “gut” geht...

Ich hatte damals ein neues Repertoire aufgelegt und hatte das Glück, dass damals viele junge Leute in meinem Alter angefangen haben, was dem Chor Aufwind gab. Ich habe hauptsächlich durch die Teilnahme an den Födekam-Seminaren gelernt, in welche Richtung man arbeiten kann. Über die 40 Jahre hat sich dies stetig geändert.

PP: In der ersten Zeit war ich ziemlich nervös, so z.B. beim ersten Auftritt am Allerheiligenfest 1975. In den ersten Jahren haben auch in Born viele neue Sängerinnen und Sänger angefangen. Der Chor war vor allem ein Kirchenchor. 1979 fing es dann mit den Einstufungen an. Wir haben bei elf Einstufungen mitgemacht.

Die Seminare von Födekam haben auch mir enorm viel gebracht. Ich denke da an Fritz ter Wey, Vic Nees, Harald Nickoll, Herrn Kockelmann aus Maastricht... Auch die Kontakte mit den anderen Dirigenten waren und sind sehr wertvoll. Schließlich hat auch das “Sing-In” von Födekam mir viel gebracht. Wir haben sehr viel ausgetauscht, Repertoire gemeinsam entdeckt... Das war schon eine tolle Sache. (Heinz stimmt dem zu.)

FN: Und wie habt ihr das Repertoire erweitert...?

PP: Wir waren wie gesagt zunächst ein “reiner” Kirchenchor. Das Repertoire war demnach recht begrenzt. Man musste sich selbst schlau machen, selbst suchen gehen. Ich ging etwa zum “Disko-Bus” und lieh mir Platten aus, oder ich stöberte regelmäßig im Musikhaus Hogrebe in den Partituren.

HK: Bei mir war es ähnlich. Ich fuhr einmal im Jahr nach Köln, um in einem Fachgeschäft nach Partituren zu suchen. Im Vergleich zu heute sind das Welten. Heute ermöglicht das Internet ein ganz anderes Suchen. Das ist krass! Ich finde, dass die Einstufungen auch dazu beigetragen haben, ein gewisses Niveau zu erreichen.

PP: Beim religiösen Repertoire habe ich immer sehr viel Wert auf den Text gelegt. Was passt wozu? Zum Beispiel: Advent ist Advent, und nicht Weihnachten. Oder die Karfreitagsliturgie und die Osternacht. Mir ist es wichtig, dass das gesungene Wort “stimmt”, im Einklang mit den Lesungen und der Liturgie.

Mir war es auch wichtig, neue Lieder zu bringen, bei denen man die Kirchengemeinde mit einbeziehen kann. In den letzten Jahren haben wir viele Lieder gesungen im interessanten Wechsel von Gemeinde- und Chorgesang... Die neuesten Veröffentlichungen geben das viele Möglichkeiten.

HK: Ich kann dem nur zustimmen: Das neuere Repertoire, auch mit dem Gotteslob, gibt schon viel Möglichkeiten. Ich habe da viel mit dem Pastor austauschen können.

FN: Ihr habt so viel Jahre mit dem Chor gelebt. Was bedeutet euch der Chor?

HK: Zunächst eine schöne Gemeinschaft. Ich finde, das ist das Allerwichtigste. Man ist wie in einer Familie. Wie haben zusammen viele viele schöne Stunden erlebt.Das ist in unseren beiden Chören wohl so.

PP: Sicher ist da die Musik und das Singen. Wichtig ist auch, dass der Chor ein Mehr-Generationen-Chor ist. Alt und jung haben ihren Platz. Die Mischung macht es. Und nicht nur das Singen zählt, sondern auch die “dritte Halbzeit”...

FN: Was haben die Chöre von Walhorn und Born als gemeinsame Chorprojekte erlebt?

PP: Wir haben sechs gemeinsame Konzerte gehabt. Da waren viele tolle Sachen dabei.

HK: Bei einem Konzert 2002 sind die Chöre auf CD aufgenommen worden. Die beiden Chöre haben auch gemeinsam gesungen, wie etwa das “Halleluja” von Händel.

PP: Bei den beiden Benefiz-Konzerten “Gib einem Kind deine Hand” haben wir das ganze Programm gemeinsam gesungen.

HK: Das war ein Superprojekt. Die Chöre waren begeistert. Wir haben als Dirigenten gewechselt. Das konnten wir aber auch nur, weil wir auf der selben Wellenlänge waren.

PP: Ja, zwischen den beiden Chören passte die Chemie.

FN: Zum Abschluss: welches sind eure Wünsche für den Chor und für eure Nachfolgerinnen?

PP: Dass die Nachfolgerin junge und ältere Menschen für den Chorgesang begeistern kann.

Und dass die Vereine “ihre Seele” nicht verlieren.

HK: Dass junge Leute nachkommen und Geschmack am Chorgesang und Freude an der Gemeinschaft finden.

FN: Danke euch! Den Sängerinnen und Sänger der beiden Chöre und den neuen Chorleiterinnen viel Freude und Erfüllung beim gemeinsamen Singen!

 

Informationen zum Kgl. Kirchenchor St. Cäcilia Born: https://www.kirchenchorborn.be

Informationen zum Kgl. St. Cäcilien Gesangverein Walhorn: https://www.chorwalhorn.be